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Mittwoch, 3. März 2010

Erdbeben in Chile #3

Ein Freund aus Concepción schreibt:

"Ich bin überlebender des Erdbebens, dass die Stadt Concepción zerstört hat. Es war eine schreckliche Erfahrung, ich bin dem Tod knapp entkommen. Ich war im 9. Stock in einem Hochhaus, dass jeden Moment hätte einstürzen können. Ich habe meine Sachen wieder und bin jetzt in meinem Elternhaus in Temuco. Gott hat mich nie allein gelassen! Ich bin wirklich wie neugeboren! Er ist barmherzig mit uns, er verlässt uns nie. Ich bin aber immernoch im Schockzustand.
In Concepción herrscht absolutes Chaos, gestern bin ich von 9 Uhr morgens bis 18 Uhr abends an einer Tankstelle angestanden, um etwas vom Benzin abzubekommen, um nach Temuco zu fahren, da ich in Concepción um mein Leben fürchtete, da die Menschen dort alles plündern, Wohnungen, Supermärkte, es ist schrecklich dort zu sein.
Manche Richter (von meiner Arbeitsstelle) schlafen auf der Straße, da ihre Häuser einsturzgefährdet sind und sie kein Bargeld haben, das Gericht ist unbewohnbar, alles liegt auf dem Boden, am Donnerstag sollen wir nochmal hin, aber ich werde nicht gehen, habe meinen Chef angerufen und gesagt, dass ich mein Leben nicht auf´s Spiel setzen möchte, außerdem bin ich auf der Straße gelandet, da mein Hochhaus auch einsturzgefährdet ist, dank Gott habe ich jetzt alle meine Sachen und bin jetzt in Temuco. ich werde nich zurückkehren bis alles wieder im Normalzustand ist, ich habe wirklich Angst, es war sehr hart, was ich erlebt habe.
Gott hat mich nie verlassen, ich hatte Geld, ein Auto, habe meine Sachen wieder und kann jetzt in Temuco endlich mal wieder schlafen, nachdem ich 4 Nächte des Terrors durchmachen musste.
Das Einzige, was ich sagen möchte, ist, dass du deine Familie lieben und auf sie aufpassen sollst, dass du dein Leben genießt, da es in Sekunden vorbei sein kann."

Während ich mit einem Freund aus Talca chatte (diese Stadt spürte das Erdbeben am zweitstärksten), bebt es bei ihm erneut sehr stark (Stärke 5). Sein Haus ist zerstört, er befindet sich im Haus seiner Freundin. "Es war schrecklich. Alles, alles ist zerstört. Die Hilfe, die angeboten wird, reicht nicht für alle. Aber jetzt müssen wir erstmal denen helfen, denen es noch schlimmer geht."

Ein anderer Freund aus Temuco erzählt:
"Bea, es war schrecklich, so schrecklich! Wir sind direkt nach dem Erdbeben zum Krankenhaus gefahren, weil mein Opa dort war, und als wir die Treppe hochliefen, lief Wasser die Treppe herunter und alle Menschen drängten sich die Treppe herunter. Wir haben meinen Opa gepackt und sind wieder nach Hause gefahren. Dem Haus ist nichts passiert."
Das Krankenhaus in Temuco musste wegen Einsturzgefahr evakuiert werden, es ist das größte Krankenhaus der Region. Es wurden wohl mehr als 60 Tote in einem unerkennbarem Zustand gefunden, die unter den Trümmern begraben wurden. Keiner von ihnen wurde bis jetzt für tot erklärt.

Meine Eltern berichten (siehe Homepage):
"Schlimm ist, dass wir selbst zunächst gar nichts tun können, denn wir waren uns zwar der Stärke des Erdbebens bewusst, hatten aber wegen des sofortigen Stromausfalls überhaupt keine Nachrichten, was woanders eigentlich passierte. Da an unsrem Haus keine Schäden aufgetreten waren, ahnten wir nichts von der Katastrophe in anderen Teilen der Stadt und in Südchile. Ein kleiner MP3-Player mit Akku war zwei Tage lang unsere einzige Möglichkeit, etwas zu erfahren, und es gab auch nur einen einzigen lokalen Radiosender, der noch in der Lage war, dank Generator, zu senden, jedenfalls solange dort noch Benzin vorhanden war. Auch von Matthias, 900km entfernt, wohnhaft im 9. Stockwerk eines Hochhauses, wussten wir fast den ganzen Tag lang nichts. (Michael ist beruflich in der Schweiz).
Die Stromversorgung wurde erst 12 Stunden später repariert, jedenfalls hier bei uns, fiel aber zwischenzeitlich dauernd wieder mal aus. In unserem Stadtteil, einem Vorort von Temuco, ist im Großen und Ganzen alles in Ordnung. In Temuco selbst gibt es bis zur Stunde noch nicht überall fließendes Wasser; in anderen Landesteilen auch keinen Strom Straßen sind unterbrochen, Brücken eingestürzt, Krankenhäuser kaputt, auch Häfen, der Flughafen von Santiago, die ganze Infrastruktur ist betroffen. Plünderungen von Supermärkten, die wegen Schäden oder Stromausfall geschlossen bleiben müssen, sind an der Tagesordnung, auch in Temuco.
Nun kann ich Euch noch nicht mehr sagen, als Ihr wohl selbst aus den öffentlichen Nachrichten wisst. Denn es gibt fast kein Benzin zu kaufen, und wir können nicht einfach herumfahren. Von unseren Gemeinden habe ich noch kaum Nachrichten; wir haben mehrere in Concepcion und in der weiteren Umgebung. Die Kommunikation ist sehr schwierig. Von Santiago höre ich, dass keine größeren Schäden an Gebäuden unserer Kirchen sind. Danke für alle Gebete! In unserer Bibelschule hier in Temuco gibt es einige Gebäudeschäden (einige tragende Pfeiler eines Gebäudeteils sind beschädigt; wir hoffen nicht, dass der Abriss notwendig wird!; das Dach der Autoeinfahrt ist herabgestürzt, einige gemauerte Schornsteine haben wir schon abreißen müssen wegen Einsturzgefahr, u.a.), und wir werden den Beginn des Semesters verschieben müssen. Ich war in den vergangenen Tagen zu Aufräum- und Reparaturarbeiten dort.
Es soll das fünftgrösste Erdbeben der Geschichte weltweit seit den Messungen gewesen sein, und in Chile das schlimmste seit 1960, welches weltweit als das schwerste überhaupt gilt.
Liebe Freunde, später mehr. Fotos könnt ihr auf unserer Homepage sehen.
Liebe Grüße, Hartmut und Gaby"


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